Eine Kugel kam geflogen  

Vor 65 Jahren fiel Hans Beimler im Kampf gegen den Franco-Faschismus  

 

Ernst Busch widmete ihm ein Lied, und die DDR prägte als Auszeichnung für die ehemaligen deutschen Spanienkämpfer eine Medaille, die seinen Namen und sein Bild trug: Hans Beimler. Der Sohn einer Köchin und eines Landarbeiters wurde am 2. Juli 1895 in München geboren. Nach einer Schlosserausbildung trat er 1913 dem Deutschen Metallarbeiterverband bei, dem er bis zu seinem Ausschluß wegen oppositioneller Bestrebungen 1927 angehörte. »Meine Kriegsbegeisterung war nicht allzu groß, da ich zur terminmäßigen Meldung zu spät kam«, schrieb er in einem Lebenslauf. Auf einem Minensucher in der Nordsee erreichte Beimler 1917 die Nachricht von der russischen Oktoberrevolution, »das ungeheuerste und tiefgreifendste« Ereignis seines Lebens. Er schloß sich dem Spartakusbund an und wurde während der Novemberrevolution Mitglied im Cuxhavener Soldatenrat. 1919 kämpfte er als Roter Matrose für die Münchner Räterepublik (13. April bis 3. Mai). Nach dem Versuch einer Brückensprengung, mit der 1921 die Verlegung bayerischer Truppen in das mitteldeutsche Aufstandsgebiet verhindert werden sollte, wurde Beimler zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt.

Nach der Haft arbeitete er in der Lokomotivenfabrik Krauss in München-Sendling. Ab Juni 1925 gehörte Beimler der Bezirksleitung Süddeutschland der KPD an. 1930 wurde er Landtags- und 1932 Reichstagsabgeordneter. Am 7. Februar 1933 nahm Beimler an der illegalen ZK-Tagung im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin teil. Am 11. April gelang es der Gestapo, Beimler zu fassen. Er kam ins KZ Dachau. Als er die Leiche seines von der Gestapo in den Selbstmord getriebenen Freundes Fritz Dressel sah, beschloß Beimler zu fliehen. In der Nacht vom 8. zum 9. Mai konnte er tatsächlich aus dem KZ entkommen. Einige Wochen verbargen ihn bayrische Antifaschisten, bis er mit Hilfe der KPD ins Ausland fliehen konnte. In Moskau verfaßt er die Broschüre »Im Mörderlager Dachau«, in der er als einer der ersten das Martyrium der KZ-Häftlinge vor der Weltöffentlichkeit enthüllt.

Nach einem Sanatoriumsaufenthalt auf der Krim drängte Beimler darauf, den Kampf gegen den Faschismus wieder aufzunehmen. Dabei hatte er auch seine Frau Centa vor Augen, die mit seiner Schwester als Geiseln von der Gestapo festgehalten wurden. Am 20. Dezember 1933 traf Beimler in Paris ein, wo er unter den deutschen Flüchtlingen arbeitete. Im Frühjahr 1935 wurde er Leiter der Züricher Außenstelle der Roten Hilfe. Zunehmend geriet Beimler mit Parteiinstanzen aneinander. Außer Redensarten würde das Emigrantenbüro nichts für die Flüchtlinge unternehmen, klagte er. »Unter dem Vorwand, daß die Arbeiter ›versammlungsmüde‹ seien oder weil ›kein Dolmetscher zu finden ist‹, werden Versammlungen nicht durchgeführt. Ich muß erklären, daß man wohl auch jetzt wieder versucht, die Schlamperei auf mich abzuwälzen.« Im Sommer 1936 wurde der unbequeme Beimler seines Postens enthoben.

Als im Juli/August die KPD von Paris aus die Unterstützung des Freiheitskampfes des spanischen Volkes organisierte, fuhr Hans Beimler als Beauftragter des Zentralkomitees für die politische Arbeit unter den in Spanien lebenden deutschen Emigranten und den eintreffenden deutschen Freiwilligen am 4. August 1936 von Paris nach Barcelona, wo er die Aufstellung der »Centuria Thälmann« mit organisierte. Beimlers damalige Freundin und Genossin, die Violinistin Antonia Stern, berichtete über die ersten Monate an der spanischen Front: »Hier kommen alle seine Gaben zur vollsten Entfaltung. Er ist seinen Milizionären nicht nur Vorgesetzter, sondern vor allem treuester Kamerad und Freund, zu dem sie das unbedingteste Vertrauen haben, der alle Gefahren mit ihnen teilt. Stets ist er bei ihnen in den vordersten Gräben und sie wissen: auf ›den Hans‹ können sie sich verlassen.«

Beimler war ein Mann der Tat, der es ernst meinte mit der Erfüllung der revolutionären Ideale. So trat er entgegen der Linie seiner Partei, die die soziale Revolution auf die Zeit nach dem Krieg verschieben wollte, für die sofortige Verteilung des Grundbesitzes an die armen Bauern und andere sozialrevolutionäre Maßnahmen ein. Das führte zu Konflikten, als ab November 1936 mit den sowjetischen Waffenlieferungen auch solche Militärs in Spanien eintrafen, die, vom Stalinschen Geheimdienst GPU geschult, die Auseinandersetzung mit Anarchisten und Anhängern der linkssozialistischen POUM auch mit terroristischen Methoden führten – bis hin zum Mord. Beimler protestierte entschieden gegen dieses Vorgehen. Seine Beliebtheit bei den Internationalen Brigaden war so groß, daß er sich diese Kritik herausnehmen konnte.

Im November hielt sich Beimler als Politischer Kommissar aller deutschen Bataillone in Madrid auf. Am 1. Dezember wollte er seine in einer Gefechtsstellung am Westrand der Stadt liegenden Genossen des Thälmann-Bataillons aufsuchen. In einem Hohlweg traf ihn die Kugel eines faschistischen Scharfschützen. Mit Beimler fiel sein Kamerad Louis Schuster. Allein der sie begleitende Kommandeur des Bataillons, Richard Staimer, konnte dem Hinterhalt entkommen. Über zwei Millionen Spanier nahmen vom Tage der Aufbahrung in Madrid bis zu seiner Beisetzung auf dem Bergfriedhof Montjuic in Katalonien von Hans Beimler Abschied – eine Ehre, die keinem spanischen König zuteil wurde.


Nick Brauns  

 


Aus dem Nachruf des Zentralkomitees der KPD vom 3. Dezember 1936:

»Mit tiefem Schmerz haben wir die Kunde erhalten, daß unser Hans Beimler im Kampf vor Madrid gefallen ist. Die KPD senkt ihre Fahnen vor diesem tapferen kommunistischen Führer, dessen ganzes Leben der großen sache des deutschen und internationalen Freiheitskampfes gewidmet war.«

 

Junge Welt 01.12.2001